Vom Alter her könnten die meisten meiner Schüler/innen meine Kinder sein. Es gibt Momente, da ist die Kluft gering – wenn sie mich nach meinem Parfüm fragen, oder was ich da für einen Tee trinke, weil der ganze Raum nach Zitrone riecht, oder ich eine Meinung zu auf dem Handy gezeigten Kleidern abgeben soll. Meine Schüler erklären mir mitleidig – geduldig technische Details zu allen möglichen elektronischen Wiedergabegeräten oder überhaupt zu ihrer Welt. Was wir voneinander lernen, ist ein gegenseitiges Geben und Nehmen. Da kann schon mal die Illusion entstehen, dass man sich doch nicht zu fern ist.
Gestern wurde ich knallhart auf den Boden der Tatsachen geholt. In der „Süddeutschen“ vom Wochenende wurde Hugh Grant gefragt, was er im Leben am meisten bereut. Und? Dass er mit elf aufgehört habe, Klavierstunden zu nehmen. Ha! War ja klar, dass ich das an jeder erdenklichen Gelegenheit anbringen würde diese Woche. Gestern waren zwei fünfzehnjährige Mädchen bei mir, die nach dem Wechsel vom musischen zum sprachlichen Zweig trotzdem noch Klavier spielen, was mich enorm freut. Als sie zwischen den Stunden mit ihren Jacken beschäftigt waren, dachte ich, es ist Zeit für die Hugh-Grant-Geschichte, auch zur Aufmunterung, weil sie eben seinen Fehler nicht machen, und frage vergnügt: „Kennt Ihr Hugh Grant?“ Zwei fragende, völlig blanke Gesichter schauen mich an (den Gesichtsausdruck kenne ich – sie erwarten, dass ich wieder mit obskuren Komponisten ankomme, von denen sie eh noch nie gehört haben). Und mir dämmert es: die Fünfzehnjährigen von heute – kennen Hugh Grant überhaupt nicht.
Ich komme mir furchtbar alt vor. Und bin ziemlich ernüchtert. Es ist doch so: wenn ich bei der Vorstellung, Hugh Grant könnte beschliessen, wieder mit dem Klavierspielen anzufangen, und dazu realistischerweise nach Wasserburg kommen will, Herzklopfen und berechtigte schlaflose Nächte kriege – dann stellt mich das auf eine Stufe mit meiner Oma, die vielleicht vom jungen Johannes Heesters erzählt. Das bringt mich mehr in die Realität, als wenn meine Friseuse sagt: „im Moment können Sie das noch mit Henna überdecken, aber irgendwann müssen wir uns was überlegen…“ Diese Fünfzehnjährigen könnten meine Enkelinnen sein. So ist das Leben.