Meine Sonntagszeitung und ich haben eine besondere Beziehung: ich kann schwer ohne sie leben, aber manchmal muss sie sehr geduldig warten, bis sie zu Ende gelesen wird. Oft über den nächsten Sonntag hinaus. Aber ich will mir ja nichts entgehen lassen, also schlug ich heute morgen eine Seite im Wissenschaftsteil um und – hatte einen traumhaft bebilderten doppelseitigen Artikel zum Phänomen Nebel in den Händen. Und dachte: super, drei Tag, nachdem ich mich im Blog darüber ausgelassen habe, stosse ich auf den eine Woche alten Zeitungsartikel. Sehr originell von mir, werden meine Leser denken (falls sie auch der FAZ verfallen sind). Und wenn es schon so unoriginell ist, erlaube ich mir, die gleichen Bildmotive zu verwenden – die sind wirklich traumhaft schön.
Was wirklich interessant ist: meine subjektive Wahrnehmung trügt leider nicht – es ist wissenschaftlich bewiesen , dass der Nebel auf der Welt abnimmt. Was möglicherweise mit dem Klimawandel zu tun hat. Offensichtlich lässt sich Nebel genau so schwer vorhersagen wie ein Sommergewitter – kein Wunder, es entspricht seinem Charakter, nicht leicht zu fassen zu sein. Trotzdem ist es ein spezieller Zweig der Meteorologie, und es gibt sogar Nebelkonferenzen (da wär ich gern mal dabei!). Und eine Karte der Nebelhäufigkeit in Deutschland war auch abgedruckt – wir im Süden, vor allem an der Donau, sind noch relativ begünstigt. Der nebelreichste Ort Deutschlands ist der Brocken, wobei hier die Nebeltage von 306 auf 234 im Jahr zurückgingen. Ein katastrophaler Rückgang – und manchmal denke ich, sind wir blind? Warum werden wir nicht aufmerksam auf solche signifikanten Veränderungen und Zeichen? Später will’s keiner gesehen haben.
Gute andere Wohnorte für Fans der zarten Schwaden wären auch die Isle of Skye, Neufundland und San Francisco. Werd ich mir merken für die Urlaubsplanung… Trotzdem sehne ich mich nach dem guten alten Nebel hier. Der Inn war wirklich schon mal produktiver. Ich liebe die Tage, wenn man früh am Morgen zwischen Wasser oder Land nicht unterscheiden kann, weil alles in weiches Grau gehüllt ist. Und diese Bilder aus dem Artikel von schleierumwaberten Burgen oder den Hügelketten, von denen nur die Spitzen leicht aus dem Grau schauen – ich hör das gleich in Musik, stelle mir sanft verschwimmende Übergänge dar… Ich glaube, ab jetzt werd ich den Begriff „Pedalnebel“ nicht mehr in abwertender Weise verwenden, sondern gezielt mit meinen Schülern üben, wie man einen zarten Nebel hervorruft. Oder einen undurchdringlich dunklen. Oder einen, der sich langsam lichtet.
Ich kenne jemand, der mag Wolken und schaut sie immer bewusst an. Ich mag die Wolken, wenn sie bis zu uns runtersteigen und uns einhüllen. Es hat was Magisches, beunruhigt vielleicht auch ein bisschen, wenn auf einmal feste, grosse Strukturen wie besonders hohe Kirchtürme halb verschwinden. Und nicht als computeranimierter special effect, sondern so, dass wir tatsächlich keinen Einfluss darauf haben und eigentlich nur staunen können… Mehr Nebel, bitte!
(Fotos: wallfon.com, duden.de, burg-hohenzollern.com)